Die Kirche ist von Anfang an eine Kirche der Märtyrer. Der Erzdiakon Stephanus wird gesteinigt, der Apostel Jakobus enthauptet, Petrus und Paulus und viele, viele Männer und Frauen mit ihnen in der Verfolgung des römischen Kaisers Nero umgebracht. Die Blutspur durchzieht alle Generationen der Kirche bis in die Gegenwart. Manche Beobachter sind der Meinung, es habe nie so viele Märtyrer gegeben wie im 20. Jahrhundert. In unserem Jahrhundert werden die Christen in über 50 Ländern verfolgt.
Die Heiligen und unter ihnen gerade die Märtyrer sind jene Wegweiser, die uns vor Augen führen, wozu Menschen eigentlich berufen und wozu sie fähig sind. Sie sind berufen, für die Freiheit, die Wahrheit und die Solidarität einzustehen, ohne die der Mensch nicht zum Menschen werden kann. Sie sind fähig, für Jesus Zeugnis zu geben, „der Mensch geworden ist, damit der Mensch Mensch werde“ (Alfred Delp), und wenn es ihr Leben kosten sollte.
Darum muss auch P. Franz Reinisch in Erinnerung bleiben, der in einer dunklen Zeit voller Lügen, tödlichen Hasses und grausamster Gewalt im Alter von 39 Jahren seinen Kopf hingehalten hat. Er hat in der Zeit des Hasses und des Krieges von Berlin aus „die Fackel der Liebe und des Friedens“ in die Welt schleudern wollen, damit die Menschen Hoffnung schöpfen können auf eine menschliche Welt. Er setzt auf seine Weise um, was Jesus als sein Testament seinen Jüngern im Abendmahlssaal anvertraut: „Wie ich euch geliebt habe, sollt auch ihr einander lieben“ (Joh 13,34). Nicht das Dunkle und Böse, nicht der Tod sollte das letzte Wort haben, sondern das Licht, das Gute und Schöne und schließlich das Leben, das uns Gott von neuem schenkt.
Franz Reinisch hat das Evangelium geliebt und gelebt. Vor allem die Monate im Gefängnis von Berlin-Tegel und die letzten Tage im Zuchthaus Brandenburg-Görden haben ihn zu einer Reife geführt, die uns Menschen hoffen lässt, dass auch für uns der Tod zu einem Tor werden kann in das Licht, das Leben und die Liebe.
Gerade vor dem Hintergrund der sich anbahnenden gewaltigen Veränderungen in unseren Gesellschaften, die mit Hilfe der „Künstlichen Intelligenz“ forciert werden, wird es umso dringlicher, sich der Frage zu stellen: Was ist der Mensch? Wie kann er geschützt bleiben? Der Blick auf die Heiligen und Seligen kann für uns Wegweiser sein. Sie sind unsere besten Freunde. Sie können uns helfen, weil sie im Reiche Gottes zu den Mächtigen zählen; sie wollen uns helfen, weil sie uns lieben.
Als der damalige Generalrektor der Pallottiner, P. Karl Hoffmann PSM, Papst Pius XII. am 9. August 1943 über den Tod von P. Franz Reinisch benachrichtigt, lässt der Papst den Pallottinern mitteilen: „Der Heilige Vater ist im Zweifel, ob er Euch wegen des Verlustes eines Mitgliedes von solch hochherziger Haltung beklagen, oder ob er Euch zur Glorie, die jener erworben, seinen Glückwunsch aussprechen soll.“ Auch auf dem Provinzkapitel der Süddeutschen Pallottinerprovinz 1946 und auf der Generalversammlung der Pallottiner in Rom wird P. Franz Reinisch bereits als Märtyrer bezeichnet.
Das Lebenszeugnis von P. Franz Reinisch zieht bis heute über die Gemeinschaft der Pallottiner hinaus immer weitere Kreise. Er wird vor allem dort verehrt, wo die Schönstattbewegung aktiv ist, bis hin nach Asien und Lateinamerika. Es sollen aber noch Jahrzehnte vergehen, bis ein Seligsprechungsverfahrens eingeleitet wird.
Die Herz-Jesu Provinz der Pallottiner wandte sich am 23. Oktober 2012 mit der Bitte an den Bischof von Trier, ein Verfahren zur Seligsprechung des Pallottinerpaters Franz Reinisch zu eröffnen, der 1942 in Brandenburg hingerichtet wurde, weil er den Fahneneid auf Adolf Hitler verweigerte, den er für einen Antichristen und Verbrecher hielt. Schon bald nach seiner Hinrichtung wurde Pater Reinisch als „Märtyrer des Gewissens“ bezeichnet und verehrt. Der Bischof von Trier Stephan Ackermann hat dieses Anliegen aufgegriffen und das „Nihil obstat“ des Heiligen Stuhls für die Einleitung eines Seligsprechungsverfahrens eingeholt.
Am 28. Mai 2013 wurde der Seligsprechungsprozess für P. Franz Reinisch offiziell eröffnet. Aus diesem Anlass wurden Prof. P. Dr. Heribert Niederschlag SAC als Postulator und P. Dr. Adalbert Kordas OFMConv als Vizepostulator sowie die Mitglieder der Historikerkommission vereidigt. Die historische Kommission sammelt, sichtet und begutachtet alle für die Causa relevanten Unterlagen und Schriften.
Im Rahmen des ersten “Reinisch-Sonntags” im September 2013 in Vallendar-Schönstatt konstituierte sich der Beirat für den Seligsprechungsprozess. Ihm gehören Personen aus verschiedenen Bereichen der katholischen Kirche und des öffentlichen Lebens an, die aktiv an der Verbreitung der Verehrung von Franz Reinisch mitwirken.
Am 28. Juni 2019 wurde der Seligsprechungsprozess für Franz Reinisch auf der diözesanen Eben in Trier feierlich abgeschlossen. Vor der Abschlusssitzung feierte Prälat Dr. Georg Holkenbrink mit vielen Reinisch-Verehrern die Festmesse in der Liebfrauenkirche. In seiner Predigt hob er die besondere Bedeutung von Franz Reinisch, auch für unsere Zeit, hervor. Seine Geradlinigkeit, sein Eintreten für Werte, deretwegen es sich lohnt, den Kopf hinzuhalten, und seine entschiedene Ablehnung des menschenverachtenden Systems könne besonders auch der heutigen Jugend Orientierung und Halt geben.
In der feierlichen Schlusssitzung wurden die Akten der diözesanen Untersuchung von Bischof Stephan Ackermann versiegelt und dem Postulator Prof. P. Dr. Heribert Niederschlag SAC überreicht. Die diözesane Untersuchung hat über 6 Jahre gedauert. Pater Franz Reinischs Schriften wurden zusammengetragen und von Theologen und Historikern begutachtet. Was andere über ihn geschrieben und ausgesagt haben, wurde gesammelt und ausgewertet. Die Akten und Dokumente umfassen weit über 6000 Seiten.
Am 05. Juli 2019 übergaben Prof. P. Dr. Heribert Niederschlag SAC, Generalrat Pater Martin Manus SAC und Frau Mag. Theol. Carolin Hostert-Hack (Mitarbeiterin im Franz Reinisch Forum) die versiegelten Unterlagen der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechung.
Am 24. März 2021 wurde in einer Sitzung der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechung die Gültigkeit der diözesanen Untersuchung bestätigt und per Dekret veröffentlicht.
Die Verantwortlichen des Seligsprechungsprozesses für P. Franz Reinisch in Rom sind nun P. Adam Golec SAC, Generalpostulator der Pallottiner, und Fr. Szczepan T. Praśkiewicz OCD, Relator imDikasterium der Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Zurzeit laufen die Arbeiten an der „Positio“, einer gut begründeten Stellungnahme, die später den Theologen, Bischöfen und Kardinälen zur Begutachtung vorgelegt wird. Bei einem positiven Ergebnis dieser Prüfung wird dem Papst ein kurzer Text zur Unterschrift vorgelegt, die die Seligsprechung von Franz Reinisch ermöglicht.
Wir sind alle im Gebet verbunden für die Seligsprechung von Pater Franz Reinisch.
Nach über sechs Jahren diözesaner Untersuchung wurde der Seligsprechungsprozess für Franz Reinisch am 28. Juni in Trier abgeschlossen, die umfangreichen Akten werden nun der Kongregation in Rom vorgelegt.
Barmherziger Gott!
In Treue zu seinem Gewissen hat Pater Franz Reinisch
in schwerer Zeit sein Leben hingegeben
für Deine Ehre und für die Freiheit des Menschen.
Ich danke Dir für seinen Mut und sein Zeugnis.
Ich bitte Dich: Nimm ihn auf in die Schar Deiner Heiligen.
Gib mir ein lauteres und empfindsames Gewissen.
Hilf mir zu klaren und eindeutigen Entscheidungen.
Schenke mir den Mut, nach seinem Beispiel,
auch dann für die Wahrheit einzustehen,
wenn es schwer wird und Nachteile mit sich bringt.
Auf die Fürspreche von Pater Franz Reinisch
Erhöre mich in meinen Anliegen!
Dir sei Dank und Ehre in Ewigkeit.
Amen.